Besiedlungssage

Als der Herrgott die Menschen geschaffen hatte, trug jeder von ihnen ein eigenes Gesicht und einen eigenen Charakter.
Es gab fromme und stille, dicke und dünne, dumme und kluge Geschöpfe.
Dennoch ließ sich der Herrgott nicht an seinem Werk beirren, sondern hegte die Absicht, auch das Land an der Weser zu bevölkern.
So pilgerte er von Hameln herauf und fuhr die ausgesuchten Menschen mit einer Schiebkarre vor sich her.
Bei den verschiedenen Charaktereigenschaften der Insassen kann man sich mit etwas Phantasie vorstellen, was das für eine bunte Fuhre gewesen sein muß. Zwar gibt es hierüber keine historischen Berichte; aber das zappelte, wimmelte und lachte nur so durcheinander, wie in einem Narrenkarren, weil die ersten Menschen im Gegensatz zu heute fröhlicher Natur waren. Krankheiten und Kriege hatten sie ja noch nicht erlebt, auch die Armut kannten sie nicht. Sie waren gesund und munter und fragten sich nur, wohin die Reise gehen würde. Ihre Neugierde war unermeßlich.

Der Herrgott hatte es mit diesem übermütigen Völkchen nicht leicht. Sehr oft lief ihm der Schweiß von der Stirn und die Füße schmerztem ihm, so daß er Verschnaufpausen einlegen mußte.

Es dauerte auch nicht lange, da klagten die ersten Menschen über starken Durst. Also entließ der Herrgott sie aus der Karre und sie tranken das saubere Wasser aus dem Bach. Da sie so hastig tranken wurde danach der dort von ihnen gegründete Ort Hastenbeck genannt.

Als nun der Herrgott hinter Hastenbeck "vor den Berg" kam, hatten sich die Tragriemen so tief in seine Schultern eingeschnitten, dass er lange verweilen mußte, um seine Schmerzen loszuwerden. Und da ihm außerdem der Ort so gut gefiel, schüttete er hier die ärgsten Radaumäuler über die Kante seines Schiebkarrens. So erhielt der Ort den Namen Voremberg.

Nachdem sich der Herrgott wieder erholt hatte, schob er seinen Karren weiter. Nach etwa einer halben Stunde Weges lud er diejenigen ab, die nicht stillsitzen konnten. Dabei sprach er zu ihnen: "Hier sollt ihr Völker hausen". Der Name ihrer Ansiedlung ist Völkerhausen.

Die Besten schob dann der Herrgott hinauf nach Bessinghausen, wo sie viel Land und Wald vorfanden, gleichsam als Belohnung für ihr vorbildliches Verhalten während der weiten Reise. Ob ihre Nachfahren, wie sie einst, tüchtige Bauern noch heute sind, muß jeder selbst überprüfen.

Wenn die Nachkommen dieser ersten glücklichen Menschen aus den Orten Hastenbeck, Voremberg, Völkerhausen und Bessinghausen heute in einer Gastwirtschaft zusammensitzen, kann man gut die Schreimäuler von den hastig Trinkenden, den Unruhigen und den Besten unterscheiden. Glaubt es - oder glaubt es nicht.

Man müßte sich schon einmal mit ihnen an einen Tisch setzen, sie beobachten und mit ihnen ein oder mehrere Glas Bier trinken, bis sich ihre Zungen lösen, denn auf den ersten Blick erkennt man ihre Eigenschaften nicht.